Die Chorleut (anno 2011)
Bitte lasst die Gläser und Gabeln ruh'n,
Ich erzähl euch eine Geschichte von den Chorleut nun:
Die Chorleut sind zu Beginn des Jahr
ca. 13, das ist wohl klar.
Sie ein überaus buntes Häuflein sind,
keiner sich wie der andere benimmt.
Ein Chorleut rennt Berge rauf und runter,
ein anderer saust mit dem Rad durch Berlin sehr munter.
Zwei versuchen Schüler zu domestizieren,
einer davon auch noch Lehrkörper zu dirigieren.
Wieder zwei anderen sind die 13 nicht genug,
gehen fremd mit einem anderen Chorleutzug.
Oh, und ein Chorleut schaut Stund' um Stund'
fremden Leuten in den Mund!
Ein anderes Chorleut denkt: es ist doch gar nicht schwer
und rennt mit dem Schläger Bällen hinterher.
Der Nächste völlig ungeniert
sich in den Ruhestand verliert.
Andere werden gejagt, tagaus tagein
von den lieben Enkelein.
Der Oberchorleut tanzt auf den Tasten hin und her
erhebt gleichzeitig Stimm' und Taktstock sehr,
und am Wochenende saust er mit dem Auto durch die Lande
oder hängt am Kinostrande.
Unter'm Strich; Ihr seht,
eigentlich nichts mehr geht,
keiner von den Chorleut hat je Zeit.
Doch Mittwoch's, da sind sie bereit,
kommen aus allen Ecken gelaufen
um sich zusammenzuraufen,
treffen sich wöchentlich immer wieder
singen Töne, manchmal weniger hoch als mehr nieder.
Nach der Probe, dann und wann,
keiner sie mehr halten kann,
feiern sie mit Trank und Essen,
weil wieder einer kann sein Alter vergessen.
Dies Jahr nun haben sie sich ausgemacht
wollen sie ein Chorleben light – ganz sacht.
Wollen nicht getrieben sein von Konzerten und Proben,
wollen sich mehr im Privaten austoben.
Aber Oberchorleut spricht: “Das geht nicht so,
faul sein könnt ihr anderswo!“,
hat wie immer ein Ziel fürs Singen,
will den Chorleut Modernes beibringen.
Er hat Gershwin auserkohren,
etwas fremd in des Chorleuts Ohren.
13 Chorleut tappen nun herum auf dem neuen Feld,
einem Chorleut dies die Freude vergellt.
Jetzt sind es nur noch zwölf an der Zahl,
ein Tenorleut jetzt ganz allein, hat keine Wahl.
Damit das Üben verläuft nicht im Sande,
Oberchorleut überlist' die Chorleutbande
sehr gewitzt, und ruft
„Hab zum Proben ein Wochenende ausgesucht.
Chorleut, kommt an den See nach Plauen!“
Spricht für sich „dann können's nicht abhauen!“
Die Proben, was soll ich sagen
sind nicht grad' auf dem Tablett zu tragen.
Sie sind für starke Nerven -
Oberchorleut darf nichts umwerfen:
Ein Chorleut die Noten vergisst der andere Sie verliert,
der nächste hat sie falsch sortiert,
Sopranleut quietscht, Altleut singt zu tief und lacht
weil Tenorleut Faxen macht,
Tenorleut hinter'm Pfeiler steht,
ihm die Luft ausgeht,
Bassleut aus dem Hintergrund brummt und röhrt.....
Oberchorleut ruft: „das ist ja unerhört!
Ihr Leut , so geht das nicht,
seid hier schliesslich in der Pflicht!“
Von nun an wird bestellt jedes kleine Haus,
damit es sieht bald anders aus:
Es wird der Nasenraum geputzt und gefegt,
damit sich Stimm' nicht auf die Kehle legt,
das Zwerchfell kräftig gestärkt und gestützt,
weil das der Stimme nützt.
Der Kiefer geölt, dann abenteuerlich verrenkt,
weil das wohl Stimmvolumen schenkt.
Langsam werden die Chorleut sehr munter,
turnen die chromatische Leiter rauf und runter.
Der Mund geht immer weiter auf,
Oberchorleut: „ Na bitte, geht doch! Nun noch eins drauf!“
Und siehe da, es lässt sich hören,
Gershwin schaut aus den Stimmröhren.
Chorleut lieben plötzlich das neue Repertoire
und manchmal schwingt es schon sogar.
Nur leider, ach herrje,
ist kein Konzert da in der Näh'.
Es wird überlegt und gespürt,
ob nicht doch etwas kann organisiert?
Schließlich dann, es ist vollbracht,
ein Konzerttermin hat sich aufgemacht.
Gershwin kommt mit alt Bekanntem daher,
das ist nicht gar so schwer,
unterbrochen von netten Worten,
denn einige Chorleut sind von diesen Sorten,
können sprechen mit viel Mumm
vor dem hochverehrten Publikum.
Einem Chorleut sprudeln sogar
Gedichte wunderbar
einfach so aus dem Mund,
das macht die Sache rund!
Leider Oberchorleut ist, o je, o je,
geplagt von sehr viel Weh'.
Der Kopf ist dick, die Nase voll,
der Husten überkommt ihn auch ganz doll,
aber im Solo lässt er die Stimme erklingen,
das naht an Wunder vollbringen.
Das Puplikum, es klatscht und tobt....
Chorleut zischelt: „Warum haben wir nicht mehr Konzerte ausgelobt?“
„Das war Eure Entscheidung!“
Oberchorleut sprachs und macht eine Verneigung.
Weihnachten, wie immer, ist ganz plötzlich gekommen,
da haben die Chorleut sich doch noch vorgenommen
zu singen in St.Michael und St.Bernhard,
fast jeder diese Stimmung gern hat.
St. Michael eine merkwürdige Erfahrung war,
keiner kommt so wirklich klar.
Die Kirche kalt, Akustik schlecht,
keiner hört den anderen so recht.
Dafür hat St.Bernhard alle wieder versöhnt,
die Kirche sie mit großem Klang verwöhnt.
Das Wichtigste aber ich fast vergessen hät:
Chorleut bekommen eine nette Bescherung,
einer hat gesorgt für Vermehrung,
wie im wirklichen Leben: keiner weiß, wie's gekommen,
doch viele kleine neue Chorleut werden herzlich aufgenommen.
Vielleicht hatte einer ein Techtelmechtel mit dem Internetkasten
und die Vermehrung geht zu seinen Lasten,
dieser ist wahrlich potent
er scheinbar neue Chorleut schenkt.
Fast 19 an der Zahl sind sie jetzt.
Am Jahresanfang hät' keiner auf diese Zahl gesetzt.
Für 2012 planen sie nun rauf und runter,
werfen Termine durcheinander, Ziele werden immer bunter.
Schließlich eine neue Chorreis' ist geboren
2012 ist Zürich auserkohren,
und vielleicht kann Weihnachten dann sogar
wieder mehr Programm sein, als in diesem Jahr.
Da sitzen die Chorleut nun bei feinem Essen und Kerzenschein,
jeder trinkt ein Gläschen Wein,
bedanken sich beim Oberchorleut,
weil er Engagement und Geduld nie scheut,
freuen sich auf's kommende Jahr
mit wieder mehr Programm und Reise, für wahr!
Gehen zufrieden in die Sangespause,
und schicken Oberchorleut in eine Kinosause.
Doch halt: Chorleut ein Wunsch noch offen steht:
„Bitte, bitte sehr, wenn's geht,
lieber Internetkasten ganz schnell,
bring uns noch einen Tenorleut zur Stell!“
Nun ist zu Ende die Chorleutgeschicht',
vergesst ihr das Essen nicht!
Ich klappe jedenfalls mein Büchlein zu
und lasse Euch jetzt hübsch in Ruh!
Frohe Weihnachten
Helga Winkelmann
18.12.2011